review – Silke Aichhorn: „Harfenkabarett“

Kellinghusen – Na, Luja sog I… – immer mal wieder was Neues, dachte ich, als der nächste Act bei „PEP“ angekündigt wurde. Ehrlich gesagt hatte ich von Harfenspielerin Silke Aichhorn bis dato noch nie etwas gehört, geschweige denn von ihrem Programm mit dem Titel „Harfenkabarett“.

Einen eher leichten, unterhaltsamen Abend versprach dieses Programm allemal. Mal wieder was zu Lachen, vielleicht untermalt mit sanfter Harfenmusik in ausklingender spätwinterlicher Nacht, was will man in diesen hektischen Zeiten mehr?

Da auch dieses Mal wieder keine explizite Ankündigung in der örtlichen Presse erschien, wurde auch nun wieder die Frage nach der Besucherzahl zu einer Wundertüte: Wie viele Interessenten würden es wohl sein, die dem Harfenkabarett auch lauschen wollten? Lockte dies im ausklingenden Winter überhaupt jemanden hinterm Ofen hervor?

Ein Blick in die Runde im Saal zeigte dann: Er war zwar nicht ganz voll, und die dreistellige Besucherzahl wurde wohl nicht erreicht, aber es versammelte sich doch eine recht veritable Besuchermenge, die dazu an der Materie auch noch recht interessiert zu sein schien. Fast alle bestuhlten Plätze waren besetzt, und auch drumherum saßen noch einige Besucher.

Interessiertes Publikum: Obwohl es vorher nicht ganz klar war, wie viele zu dem Konzert kommen würden, war der Saal in der Ulmenhofschule zumindest recht gut gefüllt.

„Neue skurrile Hörgeschichten aus dem Alltag einer Harfenistin“ waren da angekündigt, eine Mischung aus Wortvortrag und Weltmusik. Bei Harfe denke ich unwillkürlich immer an das, was anscheinend auch bei der Interpretin des Abends das Vorbild war: Zumindest benannte sie ihr Programm nach dem berühmten Sketch von Ludwig Thoma „Ein Münchner im Himmel“, immerhin schon aus dem Jahre 1911, das mir noch von einer knarzenden Schallplattenaufnahme bekannt ist und bis heute anscheinend im kollektiven Gedächtnis verblieben zu sein scheint: „Luja sog I!“ ist hie und da immer mal wieder für einen Lacher gut. So präsentierte die Harfenistin ihr Programm mit dem Titel „Frohlocken leichtgemacht“.

Bekleidet mit einem knallroten bodenlangen Hosenkleid und einer schwarzen Strickjacke, machte die großgewachsene Traunsteiner Interpretin neben ihrem übermannsgroßen elfenbeinfarbenen Instrument auch optisch ganz schön was her.

Die Harfe und die Harfinistin: Silke Aichhorn begegnete ihren Elebnissen mit einer Mischung aus schwarzem Humor und Selbstironie.

Warum sie das Harfenkabarett überhaupt machte, erklärte Silke Aichhorn gleich zu Anfang. Spielt sie sonst in Orchestern, so ist sie freiberuflich auch solo unterwegs und zupft die Harfe bei Geburtstagen, Hochzeiten oder Beerdigungen. Und was es da häufig an skurrilen, ungewöhnlichen und lustigen Szenen zu erleben gibt – „das kann man nur aufschreiben, sonst glaubt einem das keiner.“ Und das hat sie getan.

Weil das zu komisch ist, um wahr zu sein, hat sie daraus ihr Programm mit dem Ludwig-Thoma-Motiv entwickelt, wie sie schilderte. Einer kleinen Einführung in die Harfe, ihre Funktionsweise und die angeschlagenen Tonarten folgte auch schon der erste Titel, zur Entspannung ein Klassiker von Tschaikowskis „Schwanensee“. Da fühlte man sich gleich mitgenommen, wie das auf neudeutsch so schön heißt – diese Melodie kennt wohl jeder, und auf der Harfe klingt sie gleich noch ein bisschen vertrauter.

Abwechselnd zu den musikalischen Vorträgen gab sie hier Auszüge aus ihrem ersten Buch der Reihe „Lebenslänglich frohlocken“, seit 2019 sieben Mal aufgelegt und als Hörbuch von 2021 gezupft wie gelesen, zum Besten und erzählte darüber hinaus noch einiges weiteres Wissenswertes über das Instrument.

Dass etwa die Harfe 40 Kilogramm wiegt und von ihr selber im eigenen Auto transportiert werden kann, aber nur in einem Opel Ascona oder einem Fiat Uno. Das hat sie selber ausprobiert. Daraus folgt: „Cooles Auto fällt aus bei Harfe.“

Voller Einsatz: Silke Aichhorn erklärte den geneigten Zuhörern in der Pause die Funktionsweise der Harfe.

Dass das gute Stück sich immer erst aklimatisiern muss, bevor es gespielt werden kann, gab sie dabei genauso bekannt wie die Tatsache, dass manche die Bedeutung einer Harfe als klassisches Instrument, das mit einer eigenen Ausbildung erlernt werden muss, komplett unterschätzen und sie oft und vor allem mit Stereotypen zu kämpfen hat: „Der Harfinist kommt dann wohl erst später…“ Ja, sehr witzig… Das manifestierte sich vor allem in einer skurrilen Begegnung mit einem Blockflöte spielenden Pastor, der seine Flötenkunst um einiges über- und ihre Harfenfähigkeiten um einiges zu unterschätzen schien („Eine Harfe ist nun mal keine Flöte“).

Vor allem aber litt sie selber und mit ihr das Publikum an ihren Erlebnissen, etwa als Geschenk für einen Auftritt ein ungeliebtes Plastikblumenkunstwerk erhalten und nicht gewusst zu haben, wohin damit; oder bei einer Playback-Aufzeichnung des ZDF in Coronazeiten vor allem musikalisch gelitten zu haben, konnte jeder nachvollziehen. Dem kann man ja nur mit einer ordentlichen Portion trockenem Humors und viel Selbstironie begegnen.

Nicht besonders betont werden muss, dass sie zu den erfolgreichsten Harfenistinnen Europas gehört, was sich dann aber tatsächlich erst beim Hören vollends bemerkbar machte.

Von Tschaikowskis „Schwanensee“ bis hin zum moderenen amerikansichen Titel „Harping on a harp“ („Harfespielen auf der Harfe“) spielte sie auf ihrem Instrument, das sie selber abwechselnd als „Klampfe“, „Baby“ oder „Himmelsinstrument“ bezeichnete, durch einige Jahrhunderte und Stile, die das Publikum schließlich mit großem Applaus belohnte und die Interpretin zu zwei Zugaben zurück auf die Bühne holte.

Ruhige Klänge in konzentrierter Atmosphäre: Die Harfeinistin Silke Aichhorn spielte zu ihren Texten ein jeweils passendes Lied quer durch die Jahrhunderte von klassisch bis modern.

Vor allem in der Pause zeigte sich jedoch, dass sie es dabei nicht bewenden lassen und den Interessenten den wahren Kern ihres Instrumentes nahebringen wollte. Da nahm sie sich auch noch die Zeit, den geneigten Zuschauern direkt auf der Bühne die Funktion des Instruments zu erklären und die Anwendungsweise zu demonstieren. „Luja sog I!“.

Ludger Hinz

Titelbild:
„Luja sog I“: Angespannte Ruhe herrschte beim Publikum im Saal, das dem gemischten Vortrag aus Text und Musik ihres Programms mit dem Titel „Harfenkabarett“andächtig lauschte.