review – Saitenfest 2023 mit Florian Mayer (Geige), Matthias Hübner (Cello) und Malte Vief (Gitarre)

Wrist – Na, endlich… ist mal wieder konzentriertes Zuhören angesagt, dachte ich mit Blick auf das diesjährige Saitenfest. Im Sommer stand oder saß man noch im Publikum bei Rock-, Blues- und Singer/Songwriter-Konzerten in oft flirrender Atmosphäre und konnte noch ausgelassen mitgehen, -klatschen und -singen, und das sollte ja auch so sein.
Nun im Herbst bei früh einsetzender Dunkelheit, bei Trübnis und vielleicht sogar Nebelschwaden überm Land wurde eine stimmungsvolle und konzentrierte Atmosphäre geschaffen beim „Konzert der leisen Klänge“, das „PEP“ schon seit 20 Jahren im im Alten Pastorat in Wrist/Stellau ausrichtet. Endlich mal wieder Zeit für innere Einkehr bei passender Musik!
Beim diesjährigen „Saitenfest 2023“ traten die drei klassischen Musiker Malte Vief (Gitarre), Matthias Hübner (Cello) und Florian Mayer (Geige) als Trio auf – und dafür hatte „PEP“ wieder einmal die passende Bühne bereitet.
Draußen vor dem Alten Pastorat neben Kirche und Friedhof war die Außenbeleuchtung angeschaltet und wies den Weg durch die dunkle Nacht. Genau die richtige Stimmung, wenn so kurz vor „Halloween“ die Herbstblätter über den Boden wehen, während man versucht, beim Weg in die Location den halbdunklen Pfützen auszuweichen.
Drinnen leuchteten zwei Mal vier große Scheinwerfer die Bühne aus, vor der die Organisatoren um „PEP“-Mitglied Hans-Friedrich Pfeiffer das Publikum wieder wie bereits im vergangenen Jahr in drei Reihen in einem Halbkreis herum angeordnet haben, so dass alle Zuhörer gleichmäßig gut hören konnten und die Band nicht gegen den „tiefen“ Saal „anspielen“ musste.

Saitenfest im Alten Pastorat: Stimmungsvolles Ambiente draußen in dunkler nacht und drinnen vor ausgeleuchteter Bühne.
Konzentriertes Konzert aus ihrem „Kammer“-Zyklus (v.l.): Florian Mayer (Geige), Matthias Hübner (Cello) und Malte Vief (Gitarre) spielten beim „Konzert der leisen Klänge“ im Alten Pastorat in Wrist/Stellau auch schon mal etwas impulsiver.
Foto: Ludger Hinz

Zu hören bekamen sie so ein hochklassiges Konzert mit der Handschrift des klassischen Musikers Malte Vief, der sein Programm gemeinsam mit seinen zwei Mitmusikern ausstattete. Im Netzt wirbt er mit dem vielsagenden Titel „Klare Musik in wirren Zeiten“. Wenn das mal kein Programm war…
Seine „Kammermusik“ aus drei gleichnamigen und durchnummerierten Alben hatte er mit eigenen Nuancen und überraschenden Melodien angereichert und für Akustik-Konzerte ohne Verstärker ausgerichtet.
Hier stellten nun die Musiker, die auch schon auf den Alben mit ihm zu hören sind, ihr Werk auch live vor. Dies beeindruckte aber nicht nur durch die Kompositionen – in Malte Viefs Programmen eröffnen sich viele neue Facetten und Emotionalitäten in seiner Spielart und musikalischen Sprache.
Gemeinsam mit Matthias Hübner (Cello) und Florian Mayer (Geige) zeigte sich auch hier, dass Malte Viefs Programm „Kammer“ vielschichtig ist: bisweilen meditativ-repititiv und erlebnisreich, zuweilen aber auch extrovertiert und aus sich heraus kommend. sorgte dieser Wechsel für ein spannendes wie ausgewogenes Konzert.
Dieses Programm ließ die Zuhörer schnell verstummen und konzentriert zuhören. Wieder einmal konnte man zuweilen die Stecknadel fallen hören, auch wenn sich das ganz schön abgenutzt anhört.

Konzert, Pause, Konzert – da ist natürlich eine Verbeugung vor dem Publikum und der Musik nicht unangebracht.
Foto: Ludger Hinz

In der Pause im Backstageraum waren die Musiker zufrieden mit den Bedingungen. „Es geht gut, hier zu spielen“, sagte Malte Vief. „Es ist akustisch leichter in dieser Konstellation mit den Zuhörern im Halbkreis.“ Sonst wie in früheren Jahren den Klang in die Länge des Raumes zu ziehen, sei um einiges schwieriger, wie er feststellte.
„Das lebendige und aufmerksame Publikum ist sehr wohlwollend, dankbar und interessiert“, empfand auch Matthias Hübner. „Sie sind von der neugierigen Sorte: bereit, Neues zu entdecken“, bemerkte Florian Mayer.
Der studierte Gitarrist Malte Vief, der ursprünglich aus Brake (Nierdersachsen) stammt, lebt schon lange in Leipzig. 1980 geboren, macht er schon seit dem Alter von elf Jahren Musik. Eigene Stücke hat er schon als Jugendlicher geschrieben und sich als Komponist entfaltet. Mittlerweile ist Malte Vief ein mit zahlreichen Preisen ausgezeichneter Profimusiker.
Hier demonstrierten die drei Musiker ihre Spielfreude, obwohl sie selbst schilderten, dass mehr als 90 Prozent in ihren klassischen Liedern vorgegeben ist und nur wenig Raum für Improvisation besteht.
So strukturiert und vielschichtig seine Songs auch sind, umso einfacher hat er die Titel gewählt. Beim Stück „Liebe“ zupft er die Geige wie eine Gitarre, eine ruhige Komposition benennt er mit dem Namen seines Sohnes: „Birk“, und dann gibt’s natürlich auch noch passend zur Jahreszeit die „Nachtstücke“.
Hat das Saitenfest den Reiz, leise und stille Musik zum Besten zu geben, war es hier viel konzertanter. In seiner Zugabe vergaß er natürlich nicht, auch auf die mitgebrachten CDs hinzuweisen und mit Blick auf die moderne Technik auf einem USB-Stick mit den Noten zum Nachspielen.

Die passende Bühne bereitet (v.l.): Während drinnen der Musikgenuss im Vordergrund stand, wies draußen vor dem Alten Pastorat neben Kirche und Friedhof die Außenbeleuchtung den Weg durch die dunkle Nacht, was hinterher mit ausgiebigem Applaus bedacht wurde.
Fotos: Ludger Hinz

Begeistert war auch Hans-Friedrich Pfeiffer, der die „Saitenfeste“ mit seiner Expertise schon seit 20 Jahren organisert. Schließlich entließen die drei das Publikum mit dem allseits bekannten Titel „Der Mond ist aufgegangen“, immerhin schon aus dem Jahre 1779, wieder in die dunkle herbstliche Nacht. Es war ja auch kurz vorm Vollmond. (lh)