review – Paul Millns Band – 2022

Kellinghusen – Über die Jahre hinweg hat „PEP“ immer wieder exzellente Künstler präsentiert, die nicht im vordersten Rampenlicht stehen, aber künstlerisch-qualitativ Hochwertiges abliefern. Die leisen Stars hinter der ersten Linie, die als Geheimtipps gelten können, machten oft viel Freude – auch nun wieder, als sich nach mehreren Jahren Altmeister Paul Millns (77) noch einmal die Ehre eines Auftritts in Kellinghusen gab.

Schwer einzuschätzen war vorher, wie viel Resonanz er beim Publikum erzielen würde. Nach Konzerterfahrungen der vergangenen Monate, bei denen der Saal teils fast gänzlich leer geblieben war wie etwa bei den „Blues Guys“ (die das wahrlich nicht verdient hatten), teils deutlich weniger Publikum erzielt hatte, als zuvor angenommen, wie bei „Dr. Feelgood“ (die das auch nicht verdient hatten), war auch dies eine mit Spannung betrachtete, begründete Frage.

Welchen Einfluss würde Corona noch auf das Besuchergeschehen haben? Sei es aus Angst vor Ansteckung oder weil es einen selber gerade erwischt hat. Auch der Faktor gleichzeitig laufenden Fußball-WM sollte dabei nicht unterschätzt werden, selbst wenn viele ihr Interesse daran vehement verneinen – um dann doch bei dem kühlen Wetter lieber doch zu Hause im Warmen am Fernseher sitzen zu bleiben, als sich durch das nasskalte Wetter zum Konzert aufzumachen.

Und letztlich machen bestimmt auch die momentanen Preissteigerungen einen gewissen Faktor bei der Entscheidungsfindung aus, auf ein Konzert zu gehen. Doch die Befürchtungen wurden nicht wahr. Denn in der Ulmenhofschule sah es an diesem Abend ein klein wenig anders aus: Knapp 60 Zuhörer hatten sich aufgemacht, sorgten für einen zumindest gut ausgelastet erscheinenden Saal und zeigten viel Interesse an der Musik des britischen Musikers. Es könnten natürlich immer mehr sein, aber diese Größe war doch schon recht ordentlich.

Bereits 1997 war sein erster „PEP“-Auftritt noch im Bürgerhaus, und über die Jahre hinweg hat Paul Millns insgesamt schon fünf Mal bei „PEP“ gespielt. Nachdem Millns zuletzt 2016 in der Störstadt zu Gast war, konnte sich das Publikum nun wieder freuen, dass er hier auch in diesem Jahr eine Vielzahl neuer und alter Kompositionen zum Besten gab.

Dieses Mal als musikalisches Trio in einer spielfreudigen Darbietung, angereichert mit seinem typisch britischen Humor, wurde er unterstützt von dem Harp-Virtuosen Butch Coulter (Kanada), der auch Gitarre spielte, und dem Bassisten Ingo Rau: Drei, die sich musikalisch gut verstehen und sowohl im Zusammenspiel als auch in immer wieder eingestreuten Soloeinlagen zu gefallen wussten. In dieser Besetzung standen sie auch schon beim letzten Mal in Kellinghusen auf der Bühne, damals nur noch von einem Schlagzeuger unterstützt, der dieses Mal fehlte.

Mit seinen bewährten Mitmusikern, dem Harp-Virtuosen Butch Coulter (Kanada, links) und dem Bassisten Ingo Rau (rechts) bildete Paul Millns eine gelungene musikalische Einheit.
Fotos: Ludger Hinz

Bestimmend natürlich der Gesang Paul Millns‘, der sich am Klavier begleitete. Seine Texte basieren auf täglichen Beobachtungen des Lebens, auf Reflexionen über politische und soziale Themen und auf tiefgreifenden Visionen über das Dasein – und das kam auch immer wieder in seinen Ansagen zum Ausdruck.

Im Zwiespalt zwischen modernem Leben und noch selbst erlebter online-Losigkeit zum Beispiel aufs Thema „Telefonzellen“ herunter gebrochen, kommentierte er seinen Song: „Ich habe Stunden in der Telefonzelle verbracht und versucht, mein Leben zu organisieren“, „but of course it was nobody home“ („Aber natürlich war keiner zu Hause“).

In Deutschland ist Millns unter anderem durch seinen Auftritt im „Rockpalast“ im Jahr 1980 bekannt geworden. Im Songwriting durch Musikgrößen wie Bob Dylan, Joni Mitchell und Tim Hardin und musikalisch von Ray Charles beeinflusst, schöpft der Musiker aus einem Gesamtrepertoire von bislang elf CDs mit eigenen Liedern sowie der Musik zu verschiedenen Filmen und hatte auch einige Songs seines jüngsten Albums „A Little Thunder“ (2019) im Gepäck.

Dabei überzeugten gerade seine leisen Töne, die er vor allem im ersten Teil seines Auftritts in zahlreichen eher melodielastigen Songs darbrachte, während im zweiten Teil der etwas schwerere Blues-Anteil in seinen Liedern überwog.

Weiteres Zeugnis seines britischen Humors: In der Pause empfahl Paul Millns seine mitgebrachten Utensilien am Merch-Stand: „Es ist Zeit, an Weihnachten zu denken“, erinnerte er das Publikum. „Wir haben alles dabei: von CDs bis T-Shirts. Ein anderer Einkauf ist nicht mehr nötig. Sie können alle Ihre Weihnachtsgeschenke auch hier bekommen.“ (lh)