review – Boots & Guitarsreview –

Kellinghusen – Na, das ist aber gewagt, dache ich, als ich die Ankündigung dieses „PEP“-Konzertes sah. „Boots & Guitars“, das klang auch schon für sich gesehen ganz schön plakativ. Nach Blues und Rock gab es nun beim Kellinghusener Kulturverein einmal etwas Neues: Country Music. Mit „PEP“ in den Sonnenuntergang reiten…

Das Bild vom altbackenen Countryfan kam mir ganz unwillkürlich in den Sinn, wie ich das zugegebenermaßen zumeist aus Westernfilmen kannte. Hier war allerdings der Name Programm. Es handelte sich nämlich um eine moderne Version des überkommenen amerikanischen Folklore-Stils, der in den 70ern und 80ern mit Marlboro-Mann und Johnny Cash im Rampenlicht stand und mit Bands wie „Truck Stop“ auch nach Deutschland herüber schwappte.

Das Projekt „Boots and Guitars“ auf der Bühne der Ulmenhofschule präsentiert als neue Konzert-Reihe Bands und Solokünstler, Songwriter und Musiker aus der New Country Generation. Der „Country Circus“ tourt seit Mai durch die Club-Szene in Deutschland und macht nach der Toureröffnung in Hamburg am Vorabend gleich als zweite Station Rast in Kellinghusen. Das versprach doch wirklich mal was Neues.

Bekanntermaßen nutzen Bands derlei Gelegenheiten meist als Versuch zu testen, was beim Publikum ankommt, und hier muss man sagen: Was die Musiker boten, ist zumindest der Ehre wert.

Musiker Chris Kaufmann (Gitarre), der das Projekt gemeinsam mit seiner Kollegin Caro von Brünken (Gesang) und Mitstreiter Nik Wallner (Gitarre, Gesang) aus der Taufe gehoben hatte, will als neue Künstlergeneration die Liebe zur New Country Music mit „modernem, ehrlichen Country und engagierten jungen Künstlern“ wieder beleben, wie sie selber sagen.

Etwas pathetisch, aber durch das Konzept zumindest anhörenswert. Bei jedem Konzert gibt es Überraschungsgäste, und in Kellinghusen waren diese nicht ohne: Der Ex-„Truck Stop“-Bassist Uwe Lost und Musiker und Schauspieler Fabian Harloff kündigten sich an.

Gemeinsam mit ihrer Rhythmussektion aus Björn Werra (Bass) und Alex Höffken (Drums) spielten sie nun neben eigenen Songs von Caro und Chris, die sonst in ihrem Duo „Wild as Her“ aktiv sind, und mit Nik auch ein breites Spektrum an Country Hits, zu denen die Gastsänger wechselnd die Bühne betraten. So wurde es in knapp zwei Stunden nicht langweilig.

Das Projekt brachte auch insofern frischen Wind in die Country Musik in deutschen Landen, als sie neben englischen auch deutsche Texte aufboten – „Truck Stop“ lässt grüßen. Gespannt zeigte sich die Country-Gemeinde, die in Norddeutschland von Kellinghusen bis Hamburg reicht und hier recht zahlreich erschien: Der Saal war ziemlich gut gefüllt. Ein paar hatten sogar die obligatorischen Country-Hüte auf und Flanellhemden an. Ich meine sogar, einige Cowboystiefel entdeckt zu haben.

Als Duo „Wild as Her“ arbeiten Chris Kaufmann und Caro von Brünken an ihrem ersten Album, das sie genau einen Tag vor dem Kellinghusener Konzert veröffentlichten und von dem sie hier einige Kostproben brachten. Noch mehr Aktualität geht fast nicht.

Dazu unterhielten sie das Publikum auch mit ein paar netten Anekdoten, etwa wie sie für ihre „Pink Tapes“ Songs auf Cassette aufnehmen wollten und das als Spätgeborene Nicht-80er Jahre-Kinder nicht geschafft haben, da ihnen die nicht überlieferten Fachkenntnisse fehlten. Da sie nicht wussten, dass man die Lasche oben auf der Kassette mit Tesa zukleben muss, um eine Aufnahme per Cassettenrecorder hinzukriegen, musste das Publikum korrigierend eingreifen. „Hätten wir doch nur die Kellinghusener gefragt“, so Sängerin Caro von Brünken. Sie fiel an diesem Abend aber vor allem durch ihre facettenreiche und sichere Stimme auf, die den Songs noch einmal den letzten Schliff verlieh.

So kombinierten die Musiker Country und Rock miteinander, flochten noch zahlreiche Balladen ein und holten hier und da einen ihrer Gastmusiker auf die Bühne. Neben ihren eigenen Songs gab es mit zwei, drei Liedern von Uwe Lost und mit Fabian Harloffs „Blue Suede Shoes“ ein schönes Sahnehäubchen obendrauf.

Einzig die Entscheidung, zwei Stunden lang am Stück ohne Pause durchzuspielen, hätten sie doch besser überdenken sollen. Denn je weiter das Konzert fort schritt, umso anstrengender wurde es. Viele standen zwischendurch auf und holten sich ein Getränk vom Tresen, was ihnen durch das Fehlen der Pause ja verwehrt wurde. Gegen Ende hin gingen einige auch vorzeitig, bevor das Konzert beendet war. Immerhin gab es hinterher mit ein paar Hartgesottenen noch eine kleine Party am Merchandise-Stand.

Nachdem sich die Band publikumsnah präsentierte und am Merch-Stand Autogramme gab, konnte sie schließlich doch noch recht entspannt weiter zu ihrem nächsten Konzert nach Oberhausen galoppieren.

Ludger Hinz

Bildunterschrift (v.l.n.r.):

Freude über „Boots & Guitars“ bei „PEP“ auf der Bühne.

Sie machten Rast in Kellinghusen, galoppierten einmal quer durch die Country Music und boten einen lebendigen Eindruck von ihrer modernen Version: „Boots & Guitars“ mit Ex-“ „Truck Stop“-Bassist Uwe Lost (l.).

„Boots & Guitars“ mit Sängerin Caro von Brünken nahmen ihr Publikum mit auf eine musikalische Reise durch die New Country Music.

Fotos: Ludger Hinz